Ein Doppelschlag innerhalb von zwei Minuten, zwei Pfostenschüsse, ein folgenschwerer Torwartfehler. Dazu: viel Tempo, fünf herausgespielte Tore – eins umstritten, weil stark abseitsverdächtig – und ein Siegtreffer in der 90. Minute durch einen eben eingewechselten Stürmer: Die reichhaltige Zutatenliste beim Spitzenspiel des FC Normannia in Hollenbach hätten locker für zwei, drei normale Fußballspiele ausgereicht.

„Es war das beste Verbandsliga-Spiel, das ich in dieser Saison gesehen habe“, meinte der Gmünder Dauer-Fußballschauer Claus „Bredi“ Breitenberger. 

Zur Spitzenqualität der Partie trugen beide Teams so viel bei, dass es keiner verdient hatte, am Ende mit leeren Händen dazustehen. Doch in die Rolle des Last-Minute-Verlierers musste sich dann die Normannia fügen.

Dabei war die erste Halbzeit eine wie gemalt aus Sicht der Gmünder. Nach turbulentem Auftakt mit zwei Großchancen – Hollenbachs Czaker traf den Pfosten (1.), Felix Bauer schoss nahe am Fünf-Meter-Raum zu unkontrolliert (4.) – neutralisierten sich die zwei spielstarken Mannschaften fast eine halbe Stunde lang ohne Torszenen zuzulassen.

Etwa ab der 30. Minute dominierte die Normannia, die sich vom Ausfall ihres Spielmachers Andreas Mayer nicht im Streben nach Tabellenführer-Dominanz und Ballbesitzfußball stoppen ließ. FCN-Trainer Holger Traub hatte Dominik Pfeifer von der rechten Außenbahn auf Mayers Zehner-Position gezogen, rechts spielte Simon Knecht.

Wie gut Pfeifer seine Sache machte, sah man dann zum Beispiel in der 32. Minute, als er einen feinen Pass in die Gasse auf Felix Bauer spielte, der aber an Hollenbachs Keeper Mario Hüttinger scheiterte. Neun Minuten später versuchte es Pfeifer dann mit dem Bobo-Mayer-Stilmittel Distanzschuss, und Hüttinger tat den Gmündern den Gefallen den gar nicht so platzierten Aufsetzer gleich meterweit vom Körper wieder abprallen zu lassen – Bauer war zur Stelle und vollstreckte zur 1:0-Führung. Zwei Minuten später ein Normannia-Konter, Pfeifer bedient Knecht, der legt zurück auf Kianpour, und dieser macht das 2:0.

Einsatz, Können – und Glück

Die Pausenführung war wie eine logische Fortsetzung der Acht-Siege-in-Folge-Serie des FCN: durch Einsatz und Können konsequent erarbeitet – und durch das nötige Glück ergänzt. Denn der FSV beendete die erste Hälfte, wie sie begonnen hatte: Manuel Hofmann setzte einen satten Schuss an den Pfosten (45.).

Nach der Pause dann bewiesen die Hollenbacher eindrucksvoll ihren Willen, das Spiel zu drehen – und ihren Status als Spitzenmannschaft. „Großer Sport“, sei das gewesen, wie sein Team die Balance gehalten habe, schwärmte später FSV-Coach Marcus Wenninger: „nach vorne Druck ausgeübt und gleichzeitig nach hinten extrem viel gearbeitet, um einen K.o. in dieser Phase zu verhindern.“

„Das beste Verbandsliga-Spiel, das ich in dieser Saison gesehen habe.“
Claus „Bredi“ Breitenberger, Gmünder „Groundhopper“

Am möglichen K.o.-Schlag zum 3:1 – der Hollenbacher Anschlusstreffer war gleich in der 50. Minute gefallen – war die Normannia trotzdem dicht dran. Weil natürlich auch die Gmünder weiter gut Fußball spielten. Was FCN-Coach Traub später bemängelte, das war Kritik auf hohem Niveau – aber es waren womöglich die Details, deretwegen Topspiele am Ende so oder so ausgehen. „Mir hat nicht gefallen, dass wir die entlastenden Bälle nicht gut geklärt haben.“ Und das 3:1 hätte der FCN in der Phase machen können, vielleicht müssen; Fabian Kolb (66.) und Felix Bauer (73.) hatten gute Möglichkeiten dazu. Stattdessen belohnten sich die Hollenbacher – mit dem 2:2 in der 78. Minute durch Fabian Czaker, den viele im Abseits gesehen hatten.

Und nun: Ergebnis sichern – oder weiter auf Sieg spielen?

Beide Trainer entschieden sich für letzteres. Weil Hollenbach nur ein Sieg im Rennen um Platz zwei halten würde, und weil Holger Traub einfach viel Vertrauen in seine Mannschaft hatte. „Klar, wir hätten auf das 2:2 mauern können, aber warum nicht: Wir waren gut im Spiel…“, meinte der FCN-Trainer hinterher. Etwa, als der eingewechselte Nermin Ibrahimovic eine Kopfball-Chance vergab.

Dann kam die 90. Minute, die Normannen hatten einen FSV-Angriff eigentlich schon abgefangen, doch Stephan Fichters Ball landete direkt bei Hollenbachs Boris Nzuzi, der machte ein paar Schritte, flankte – und Breitinger war am langen Pfosten vor FCN-Keeper Yannick Ellermann am Ball.

Das zwiespältige Gefühl

Das tat weh, aber etwas tröstend ist der Gedanke an die Tabellenposition. Der FCN ist nach wie vor Erster, wenn auch nur noch mit zwei statt fünf Punkten Vorsprung. Holger Traub fand einen treffenden Satz für das zwiespältige Gefühl nach dieser Niederlage: „Jetzt musst du eben wieder aufstehen, wenn du am Boden liegst. Und wir liegen ja immerhin auf Platz eins am Boden…“

Hollenbach – FCN 3:2 (0:2)

FSV: Hüttinger – Amon, Zeller, Ryl, Hofmann - Minder, Kleinschrodt, Schülke (68. Schmitt), Schieferdecker (88. Breitinger) – Nzuzi (92. Rohmer), Czaker.
FCN: Ellermann – Fichter, Lämmle, Stölzel, Glück – Gnaase, Kianpour – Knecht (79. Ibrahimovic) , Pfeifer, Kolb – Bauer.
Tore: 0:1 Bauer (41.), 0:2 Kianpour (43.), 1:2 Schieferdecker (51.), 2:2 Czaker (78.), 3:2 Breitinger (90.)
Zuschauer: 400

„Die Normannia wird aufsteigen“

Holger Traub, Trainer 1.FC Normannia: „Wir waren gut im Spiel. Aber wir hatten durch Kolb und Bauer Chancen zum 3:1, und die haben wir nicht genutzt. Und mir hat nicht gefallen, dass wir die entlastenden Bälle nicht gut geklärt haben.“

Marcus Wenninger, FSV-Trainer: „Es war sehr ausgeglichen, es kann 0:0 oder 1:1 stehen nach 45 Minuten. Das Halbzeitergebnis von 0:2 hat nicht zu dem gepasst, wie wir gespielt haben. Was meine Mannschaft dann nach der Pause gemacht hat, das war großer Sport. Wir haben ein Spiel gesehen von zwei richtig guten Mannschaften. Die Normannia wird trotzdem aufsteigen – und wir haben noch Phantasie drin.“

Patrick Lämmle, FCN: „Das Ende war schon sehr unglücklich, da ist man erstmal sehr niedergeschlagen. Aber wir wissen das schon einzuordnen. So was passiert, irgendwann ist eine Serie auch zu Ende. Und es ist ja noch nichts verloren; es sind noch drei Spiele, und wir haben es weiter in der eigenen Hand.“

Tizian Amon, FSV Hollenbach: „Das 0:2 hat uns schon aus dem Konzept gebracht, aber wir haben uns in der Pause gesagt: Wir haben nichts mehr zu verlieren, und wir haben weiter an uns geglaubt. Das 3:2 fiel vielleicht etwas glücklich, aber über das gesamte Spiel gesehen würde ich den Sieg trotzdem als verdient bezeichnen.“

Marc Zeller, FSV Hollenbach: „Mir tut’s für die Normannia-Spieler leid, aber über die 90 Minuten gesehen haben wir uns den Sieg auch verdient. In der ersten Halbzeit haben wir den einen Fehler zu viel gemacht, aber wir hatten da auch schon zwei Pfostenschüsse.“

Yannick Ellermann, FCN: „Wir wussten, dass es hier extrem schwer wird. In der zweiten Halbzeit hätten wir das 3:1 nachlegen müssen.“

© Gmünder Tagespost 21.05.2018