Heinz Eyrainer schaute kritisch drein in der Halbzeitpause. „Ein zähes Spiel“, fand der ehemalige Fußball-Bereichsleiter. Und: Seiner Normannia habe etwas „die Aggressivität im Mittelfeld gefehlt“.

Kritische Blicke gab’s viele nach den ersten 45 Minuten beim Anhang des Tabellenführers FC Normannia. In Ilshofen führte der Verfolger mit 1:0 und hatte damit den Zwei-Punkte-Vorsprung der Normannia aufgeholt. Und in der Tordifferenz fehlte ja nur ganz wenig: Noch ein Treffer für Ilshofen und Platz eins und damit der Titel würden - bei gleich bleibendem Spielstand in Essingen - futsch sein.

Dabei hatte die Normannia in Halbzeit eins die besseren Chancen gehabt: Freistoß Mayer, Fichter verpasst knapp (18.). Eckball Fichter, Stölzel köpft 20 Zentimeter am Essinger Tor vorbei (37.). Freistoß Mayer, Stölzel köpft drüber (42). Allesamt Standardsituationen, nur ein Distanzschuss von Bobo Mayer fiel aus dem Rahmen (5.).

Die Normannia war gut, aber nicht so torgefährlich wie geplant. „Wir haben unser Spiel in der ersten Halbzeit nicht durchgekriegt“, sagte FCN-Trainer Holger Traub später. Und einmal hatten die Gmünder Glück, als TSV-Mittelfeldspieler Julian Biebl zentral im FCN-Strafraum viel Platz und Zeit hatte zu schießen, aber verzog (28.). Die Essinger, für die es in der Tabelle um nichts Wesentliches mehr ging, mussten sich nicht nachsagen lassen, den Derby-Gegner aus Gmünd entspannt zum Titel spazieren zu lassen. Der TSV, bei dem Jens Christ, Coach des TSV II auf der Bank saß (Interimstrainer Michael Hoskins war schon im Urlaub), waren für die Normannia ein guter, fordernder Gegner. „Essingen hat es uns schwer gemacht“, meinte FCN-Kapitän Stephan Fichter.

Fabian Kolb leitet das 1:0 ein

Nach der Pause setzten die Gmünder dann konsequenter auf ihre spielerischen Mittel; in der 68.Minute kam die Schlüsselszene des Spiels: Gut 25 Meter vom Essinger Tor weg eroberte Fabian Kolb im Zweikampf den Ball – da war sie, die Aggressivität –, spielte nach links außen auf Bobo Mayer. Der zog den Ball flach in den Sechzehner herein, wo der Ex-Essinger Dominik Pfeifer bereitstand und zum 1:0 traf (68). War das die Meisterschaft? Die Gastgeber ließen sich auch nach dem Rückstand nicht hängen, die beste Chance zum Ausgleich hatte Ex-Normanne Patrick Faber mit einem Kopfball, der knapp drüber ging (74.).

Ein paar Minuten später war das Spiel so gut wie entschieden: FCN-Außenverteidiger Daniel Glück trieb den Ball in hohem Tempo durchs Mittelfeld, rechts ging Fabian Kolb, und diesmal stand in der Mitte Stürmer Felix Bauer, der mit seinem cool platzierten Schuss zum 2:0 (81.) dasselbe machte wie seine ganze Mannschaft: eine mäßig begonnene und immer besser werdende Saison gekrönt. Das Fernduell um den Titel schien gewonnen, dass Ilshofen weiter mit einem Tor führte und das Spiel dort wegen eines Hagelunwetters unterbrochen worden war – geschenkt. Das 2:0 hatte das Mienenspiel bei den Gmündern deutlich verändert: FCN-Physio Elmar Burkhardt verteilte erste Schulterklopfer an die schon mal vorsichtig lächelnden Trainer Holger Traub und Tobias Dreher.

„Dinge, die eine große Mannschaft ausmachen.“
Holger Traub, FCN-Trainer

Noch eine letzte Schrecksekunde gab’s, als Gmünds Antreiber Bobo Mayer und sein Mitspieler Simon Knecht unglücklich mit den Köpfen zusammenprallten und Mayer kurz bewusstlos war. Doch dann ging’s wieder, kurz drauf hatte Mayer sogar noch die Chance zum 3:0 („Ich hab’ den Ball gar nicht richtig gesehen…“).

Um 17.17 Uhr pfiff der souveräne Drittliga-Schiedsrichter Asmin Osmanagic ab, und die Normannia kehrt sechs Jahre nach dem Abstieg wieder in die Oberliga zurück. Die Klasse, in der der Gmünder Traditionsverein seinem Selbstverständnis nach genau richtig ist. Die Essinger, die das selbst gesteckte Langfrist-Ziel Oberliga mit Rang neun am Ende deutlich verpasst haben, waren faire Gratulanten.

Eine Saison, die mit einem Fehlstart, zwei Niederlagen mit insgesamt acht Gegentreffern, begonnen hatte, endet für den FCN mit dem Titel. „Ein Sommermärchen“, so Normannia-Bereichsleiter Karl-Heinz-Knab. „Meine Spieler erfüllen alle Dinge, die eine große Mannschaft ausmachen“, das war das finale Lob des Gmünder Trainers Holger Traub.

Essingen –  Normannia 0:2 (0:0)

FCN: Ellermann - Fichter, Lämmle, Stölzel, Glück - Gnaase, Kianpour - Pfeifer (92. Schmid), Mayer (90. Funk), Kolb - Bauer (86. Knecht).
TSV: Pless - Sedlmayer, Acioglu, Köpf, Malitzke (59. Klein) - Eisenbeiß, Biebl (46. Faber), Essig, Eiselt (70. Bihr) - Bergheim (84. Zimmer), Serejo.
Tore: 1:0 Pfeifer (68.), 2:0 Bauer (81.)
Zuschauer: 800

© Gmünder Tagespost 10.06.2018

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