Für die unter Fußballfans beliebte Ausnahmeerscheinung „Pokal-Sensation“ braucht es fast immer eine grundlegende Zutat: Überheblichkeit der klassenhöheren Mannschaft.

Davon boten die Stuttgarter Kickers am Mittwochabend bei ihrem Gastspiel in Gmünd nullkommanull. „Das war eine sehr konzentrierte und seriöse Leistung von uns“, so fasste Kickers-Trainer Tomasz Kaczmarek den Auftritt seiner Mannschaft nach dem Spiel treffend zusammen.

Die Szene mit der größten Torgefahr für die Gäste hatte die Normannia schon nach zwei Minuten, als Marius Nuding einige Meter am Kickers-Tor vorbeischoss. Und das war’s dann auch, denn die Regionalliga-Profis spulten ihr Programm ohne einen Hauch von Wir-sind-hier-ja-eh-überlegen-Nachlässigkeit runter. Alles, was den Zwei-Klassen-Unterschied zwischen vierter und sechster Liga ausmacht, bekamen die Gmünder Zuschauer vorgeführt: mehr Ballsicherheit, größere Handlungsschnelligkeit, kaum Fehler, viele gewonnene Zweikämpfe, nicht zu erschütternde defensive Stabilität. „Wir haben keine Torchance zugelassen“, so der Kickers-Trainer zufrieden.

Eine schnelle Passkombination bis in den Strafraum der Normannia schloss der offensiv schwer zu bremsende Lukas Scepanik erfolgreich ab: 0:1 (27.). Mit diesem Stand ging’s in die Kabinen, das war respektabel aus Sicht der Normannia-Anhänger. Die FCN-Fußballer hatten bis dahin eine gute und konzentrierte Leistung geboten: kämpferisch und läuferisch stark und mit dem sichtbaren Willen selbst Fußball zu spielen und sich nicht zu verstecken. „Gmünd war eine Mannschaft, die an sich geglaubt hat“, lobte Tomasz Kaczmarek. Nur dass die Normannia eben „das Pech hatte, dass wir sie nicht unterschätzt haben“.

In der zweiten Halbzeit öffnete sich dann die Schere weiter zwischen den beiden Teams. „Sie haben uns gut in Bewegung gehalten, und als bei uns die Körner weg waren, waren verschiedene Räume da, die wir nicht mehr geschlossen haben“, so analysierte Normannia-Trainer Holger Traub. Zwei weitere Tore waren die Folge: 0:2 durch Mijo Tunjic (51.), 0:3 durch Jesse Weißenfeld (72.).

"Gmünd hatte das Pech, dass wir sie nicht unterschätzt haben."


Das klassische Pokal-Drehbuch
„Es ist normal, dass es sich so entwickelt“, so Traub. Das klassische Pokal-Drehbuch eben statt der Spezialshow namens „Pokal-Sensation“. Dennoch war der Gmünder Trainer zufrieden mit seinem Team. „Unsere Leistung war absolut in Ordnung. Man hat gesehen, dass uns die Kickers ernst genommen haben: Das war Kickers Regionalliga, nicht Kickers-B-Elf.“ Und FCN-Kicker Marvin Gnaase betonte den Trainingseffekt des Spiels: „Wir sind an unsere Grenzen gegangen, weil wir läuferisch alles raushauen mussten.“

So spielten sie:
FCN: Ellermann – Lämmle, Ibrahimociv, Stölzel, Kolb (83. Glück) – Nuding (59. Harder), Pfeifer, Seltenreich, Knecht – Milojkovic (59. Bauer), Gnaase.
Kickers: Ortag – Abruscia (75. Küley), Jäger, Komolong, Landeka – Schwarz – Weißenfels, Müller (59. Hirsch), Scepanik (62. Blank) – Tunjic (76. Kasiar), Mannström.
Tore: 0:1 Scepanik (25.), Tunjic (51.), Weißenfeld (72.).
Zuschauer: 550

© Gmünder Tagespost 09.08.2017