Mit 27 Jahren fängt Alexander Aschauer wieder bei Null an. Es ist der Preis für zehn Jahre Berufsfußballer-Leben.

Seit vier Monaten ist Aschauer Amateur, als Verbandsliga-Stürmer beim 1.FC Normannia Gmünd: dreimal pro Woche abends Training, ein Spiel am Wochenende. Tagsüber geht es für den gebürtigen Wiener jetzt um etwas anderes: Der Ex-Profi will sich in Gmünd eine berufliche Zukunft aufbauen.


Im Moment ist er Praktikant, um viele Jobs kennenzulernen. „ich habe ja keine Ahnung vom Arbeitsleben“, sagt Aschauer offen. Nach der Orientierungsphase will er „so früh wie möglich“ eine Berufsausbildung anfangen.

„Das war purer Hass“

Sein neuer Status als Berufsanfänger hat damit zu tun, dass Aschauer mit 16 ein für ihn unwiderstehliches Angebot bekam: einen Profi-Vertrag bei Red Bull Salzburg. „Da sagst du als 16-Jähriger nicht Nein. Ich habe dann die Schule abgebrochen, weil mir der Fußball einfach wichtiger war.“ Seine Lebenserfahrung hat er auf und neben dem Platz gesammelt: an vielen Stationen der Karriere, Salzburg, Stuttgart, Frankfurt, Burghausen. Mit Triumphen und Verletzungen, mit Trainer-Persönlichkeiten, Gänsehaut-Momenten und Fußball-Emotionen, vor denen man richtig Angst haben musste: Alexander Aschauer kam als Jungprofi zu Red Bull, als in Salzburg die Wunden noch sehr frisch waren. Wenige Jahre zuvor war Red Bull aus der Taufe gehoben worden durch die Quasi-Übernahme von Austria Salzburg, dessen alte Vereinsfarben zugunsten der Red-Bull-Farben einfach abgeschafft wurden. „Das war purer Hass damals“, erinnert sich Aschauer. „Da konntest du als RB-Fußballer nicht in die Stadt gehen – es war sicherer daheim zu bleiben.“

Tore im Salzburger Derby

Und dann erlebte Aschauer in dieser aufgeladenen Atmosphäre den wohl größten Euphorie-Moment seiner Karriere: Beim ersten Pflichtspiel von RB Salzburg gegen die wiedergegründete Austria, 13.000 Zuschauer, und Alex Aschauer macht zwei Tore. Eines davon, als Rechtsfuß, mit links, vom Sechzehner-Eck. „Der Ball ging direkt in den Winkel.“ Es läuft ihm heute noch kalt den Rücken runter bei der Erinnerung. Nur das i-Tüpfelchen fehlt: „Ausgerechnet dieses Tor hab‘ ich nirgends im Internet finden können.“

Inzwischen hat die Jobsuche Vorrang. Das Ende der Profi-Karriere hängt damit zusammen, dass Aschauer mit 27 den 16-Jährigen-Satz herumgedreht hat: „Mir war die Zukunft wichtiger.“ Die will er sich in Gmünd aufbauen, mit Unterstützung seines neuen Vereins, der ihm bei der Ausbildungsplatzsuche hilft. Drei Jahre lang wird er Normanne sein, „mindestens“, fügt Aschauer hinzu.


Der 27-Jährige freut sich auf ein Mehr an Kontinuität nach seinen Profi-Wanderjahren. Auch sportlich hält er die Normannia für eine gute Adresse, die seinen sportlichen Ehrgeiz auch als Amateur nicht erlahmen lässt: „Ich habe mir bewusst die Normannia ausgesucht: Hier wird guter Fußball gespielt, und der Verein will in den kommenden Jahren etwas erreichen.“ Nur eines wünscht er sich noch in seinem Team: „Ab und zu müssen wir mehr Männer sein auf dem Platz – dann können wir es weit bringen.“

"Mit 16 sagst du nicht Nein zu einem Profi-Vertrag bei Red Bull."

Alexander Aschauer

Stephan Fichter als Gegner

„Aschi“, wie er in seinem Team genannt wird, ist auch darum beim FCN, weil der Verein einen Torjäger dringend brauchen konnte. Kein anderes Team hatte in der vorigen (Oberliga-)Saison so wenig Tore geschossen wie der FCN. Gut also, dass FCN-Teammanager Stephan Fichter den Stürmer kannte: Als Aschauer bei Sonnenhof-Großaspach engagiert war, spielte Fichter gegen ihn.
Privat passt’s auch, Aschauers Partnerin kommt von hier, derzeit wohnen sie in Korb. Eine große Eingewöhnungszeit im Schwäbischen hat der Österreicher nicht mehr gebraucht, schon als 18-Jähriger war er von Salzburg als Leihspieler zum VfB II gekommen, später kickte er als Drittliga-Profi bei der SG Sonnenhof-Großaspach.

Peter Zeidler als Chef

Auch einen Trainer von hier hatte Aschauer schon, beim FC Liefering hieß sein Chef Peter Zeidler. „Ein ganz toller Trainer – und ein toller Mensch“, sagt der Stürmer. Auch mit den Berufstrainern Huub Stevens, Niko Kovac und Adi Hütter hat Aschauer schon zusammengearbeitet.

Sein aktueller Coach beim FCN heißt Holger Traub, tagsüber übrigens Groß- und Außenhandelskaufmann. So etwas in der Art will Alexander Aschauer möglichst bald auch von sich sagen können.

Was der Wiener über hiesige Sprache und Kultur sagt

Hä? Mit welchem Wort aus seinem wienerischen Wortschatz wird er hier gar nicht verstanden? „Mistkübel“, sagt Alexander Aschauer – das sagt der Wiener, wenn er den „Mülleimer“ meint.

Ein -le-Wort: Welchen schwäbischen Begriff mag er besonders? „Ein ‘Muggaseggele’“.

Zart und knusprig: Was Alexander Aschauer hierzulande vermisst: „ein richtiges Wiener Schnitzel“. Er habe hier schon „auch gute gegessen“, aber nicht so wie daheim. Was ein perfektes Wiener Schnitzel ausmacht: „Es ist innen zart und außen knusprig.“ Und was für ihn gar nicht geht: „wenn ein Wiener Schnitzel in Soße schwimmt“.

Wunschlos: Und was wünscht er den Schwaben noch, was sie nicht haben? „Da gibt’s nichts; mir gefällt’s hier, ich finde die Leute sehr angenehm.“ mü

© Gmünder Tagespost 11.11.2019