Pst!“, zischt es von einigen Seiten. Weil die Fans im „BARMER-Forum“ unbedingt den Tabellenstand nach dem Spiel hören wollen, den Stadionsprecher Henning Krischke gerade vorliest. Klingt ja auch richtig gut, und für Normannia-Ohren ziemlich ungewohnt. Erster: Dorfmerkingen, 43 Punkte. Zweiter: der 1.FC Normannia, 42 Punkte. Weil die Konkurrenzteams an der Spitze verloren (Dorfmerkingen mit 0:2 in Essingen) und Remis gespielt haben (Hollenbach 2:2 gegen Albstadt), konnten die Normannen durch den 1:0-Sieg gegen Sindelfingen ihre Lage in der Tabelle an diesem 22. Spieltag weiter verbessern.

Miese Statistik, starkes Spiel

Der Weg zum Happy-End war allerdings ein steiniger gewesen. Am Anfang schienen die Normannen im Vergleich zur 3:0-Gala vor einer Woche die Rolle vertauscht zu haben. Gegen Dorfmerkingen war der FCN das bissigere Team gewesen, an diesem Samstag waren das die abstiegsbedrohten Sindelfinger. Ein Gegner, der mit einer miserablen Statistik angereist war – achtmal hintereinander sieglos, zuletzt dreimal in Folge verloren – der aber richtig gut Fußball spielte; mit aggressivem Pressing und gut gespielten Kontern. Beim FCN dagegen sah man viele Ballverluste und verlorene Zweikämpfe. Die Schwächen im Aufbauspiel gefielen FCN-Trainer Holger Traub gar nicht: „Das hat mich sehr geärgert, so kenne ich meine Jungs nicht.“

Mit der Zeit kamen die Normannia-Fußballer besser in Schwung, doch die Zwischenbilanz blieb zunächst eine unbefriedigende für Gmünd: relativ viel Ballbesitz, ziemlich wenig Wirkung. Und im direkten Vergleich der beiden Torhüter auf dem Platz war FCN-Keeper Yannick Ellermann sogar derjenige mit der meisten Arbeit. FCN-Routinier Andreas „Bobo“ Mayer scheiterte knapp beim Versuch, wieder seine Rolle als Türöffner-Torschütze (in Dorfmerkingen hatte er den Sieg mit seinem Tor zum 1:0 eingeleitet) zu übernehmen: Zweimal traf der 37-Jährige das Aluminium in der ersten Halbzeit.

Zwei Schnelle eingewechselt

Auch die zweite Halbzeit begann wie die erste: mit Tempofußball der Gäste aus Sindelfingen und mit Gmünder Fehlpässen, Missverständnissen, Ballverlusten. Im Gmünder Anhang fing man langsam an, sich mit Man-kann-ja-nicht-immer-gewinnen-Gedanken anzufreunden: dass es, wenn man das 0:0 würde halten können, durchaus ein passabler Teilerfolg wäre.

Holger Traub und sein Co-Trainer Tobias Dreher wollten sich aber noch nicht mit Bestandssicherung beschäftigen: Zwei schnelle Einwechselspieler sollten die Offensive beleben. Fabian Kolb kam für Simon Knecht (62.). Efendi Erol löste Sturmspitze Felix Bauer ab (73.). „Die Idee war, dass Erol und Kolb ihre Geschwindigkeit ins Spiel bringen und in Eins-gegen-Eins-Situationen gehen sollen“, erzählte hinterher Co-Trainer Dreher.

„Das passt ins Bild, dass wir so ein Tor machen.“ Fabian Kianpour, FCN-Spieler

Fabian Kolb setzt sich durch

In der 82. Minute ging der Plan dann voll auf: Kolb setzte sich links im Sindelfinger Strafraum ganz stark durch, passte nach innen, wo Erol goldrichtig stand und zum 1:0 vollendete. So funktioniert Spitzenmannschaftsfußball. „Das passt ins Bild, dass wir so ein Tor machen“, kommentierte FCN-Mittelfeldspieler Fabian Kianpour den Siegtreffer. Wobei der den Gmündern eben nicht nur glücklich in den Schoß gefallen war. Sondern erarbeitet war: durch Geduld und Zusammenhalt auf dem Platz auch in den schwierigen Phasen, durch eine kluge Wechselstrategie und die individuelle Klasse von Schütze und Vorbereiter – die Sindelfinger hatten die chirurgische Präzision, die dem 1:0 innewohnte, nicht hinbekommen bei ihren Torchancen.

Nach dem 14. Sieg des FCN in dieser Saison haben sich die Saison-Erfolgsaussichten der Normannia weiter verbessert, die FCN-Fußballer stehen nun als Zweiter auf dem Relegationsplatz. Nach einem Sieg in einer engen Partie, der außer den drei Punkten etwas Wichtiges eingebracht haben könnte: eine Auffrischung des Bewusstseins, dass es bestimmt kein Spaziergang wird in den noch ausstehenden acht Spielen. „Das Spiel hat uns gezeigt, auf was wir uns einstellen können in den nächsten Wochen gegen Mannschaften, die hinten drin stehen und jeden Punkt brauchen“, meinte FCN-Kapitän Stephan Fichter.

FCN – VfL Sindelfingen 1:0 (0:0)

FCN: Ellermann - Fichter, Lämmle, Stölzel, Glück - Gnaase, Kianpour (84. Ibrahimovic) - Pfeifer (88. Werba), Mayer, Knecht (62. Kolb) - Bauer (73. Erol).
SSV: Kocyba - Sautter, Wetsch (64. Balzer), Jäger, Kniesel, Syla, Glotzmann (73. Mijic), Molitor, Krauß (85. Klein), Mohr, Aleman (83. Lulic).
Tor: 1:0 Efendi (82.)
Zuschauer: 250

Pfeifer: „Hier kann Großes entstehen“

Dominik Pfeifer, der Stammspieler auf der rechten offensiven Außenbahn, kam schnell auf die Zukunft zu sprechen. Er gehörte zu denjenigen aus dem Normannia-Kader, die auch Angebote von höherklassigen Vereinen vorliegen hatten. Aber der 20-Jährige bleibt beim FCN, am Freitagabend hatte er für ein weiteres Jahr zugesagt (genauso der A-Junior Mario Schmid, 19). Er fühle sich wohl in der Mannschaft, die „fest zusammengewachsen“ sei, sagte Pfeifer zur Begründung. Der gewichtigste Grund sind wohl die gemeinsamen Erfolgsaussichten: „Das Team bleibt zusammen, und wir wollen nächsten Jahr angreifen.“

In der Vereinsführung darf man zufrieden sein. „Wir haben damit unser wichtigstes Ziel erreicht: Kontinuität und Nachhaltigkeit“, sagt Fußball-Bereichsleiter Karl-Heinz Knab und lobt seinen Teammanager: „Andrea Aiello hat das hervorragend gemacht.“

Vielleicht schon diese Saison

Aiello hat alle Leistungsträger halten können, zuletzt hatte Ex-Profi Andreas „Bobo“ Mayer verlängert. Aus dem momentan so erfolgreichen Kollektiv ist kein wichtiger Mosaikstein herausgebrochen. Man hat schließlich einiges gemeinsam vor. Dominik Pfeifer sagt es ganz offen: „Hier kann nächstes Jahr etwas Großes entstehen.“ Und nach dem Sieg, der die Normannia auf nurmehr einen Punkt Abstand an den Tabellenführer Dorfmerkingen herangebracht hat, fügt er hinzu: „...vielleicht sogar dieses Jahr noch...“

© Gmünder Tagespost 15.04.2018