Seit acht Monaten ist Stephan Fichter der Teammanager des FC Normannia. Über Fußball kann der 32-Jährige reden wie ein ganz alter Hase – in stets diplomatischem Fußballer-Deutsch. Nur einmal greift er zum einem superlativ-verdächtigen Vergleich: wenn es um den Erfolgsgaranten seines Ex-Vereins geht, Tabellenführer TSG Backnang.

Ein Interview von Bernd Müller (Gmünder Tagespost) vor dem Spitzenspiel Zweiter gegen Erster, FCN gegen TSG (Samstag, 14 Uhr, in Backnang).

Herr Fichter, Backnang ist nach gut einem Drittel der Saison mit 12 Punkten Vorsprung vorne. Wie machen die das?
Backnang ist eine Mannschaft mit enormer Qualität, die letzte Saison in den top Fünf war in der Oberliga-Rückrunde. Sie hatten dann das Pech, dass die Kickers nicht hochgegangen sind, und Backnang ist darum noch abgestiegen. Aber es ist ein hervorragend eingespieltes Team, da spielt in dieser Saison nur ein Neuzugang, Binakaj von Großaspach. Das ist ein großer Vorteil.

Liegt im Umkehrschluss der holprige Saisonstart Ihres Teams – mit nur einem Sieg in den ersten sechs Spielen – an den vielen Neuen in der Mannschaft?
Wenn man neun Neuzugänge hat, braucht man eben etwas Zeit. In den letzten Spielen geben uns die Ergebnisse recht (sieben Spiele, sechs Siege – Red.), dass es ganz gut passt.

Was passt bei der TSG Backnang so gut?
Allen voran ist da Torjäger Mario Marinic, ich sage immer: der Lewandowski der Verbandsliga.

Also einer, der immer trifft …
Der macht einfach die Tore, oft auch in den engen Spielen. Er ist ein Vollblutstürmer, der jedes Jahr seine 20, 25 Tore schießt.

"Backnang und Essingen sind die zwei Topfavoriten."

Stephan Fichter


Sie als Ex-Backnanger kennen Marinic ganz aus der Nähe.
Ja, ich habe in verschiedenen Vereinen insgesamt sieben Jahre mit ihm zusammengespielt. Er ist einfach einer, der nie zufrieden ist. Aber er ist nicht allein Backnang, die sind insgesamt zurecht der Primus der Liga.

Dass der FCN rechtzeitig vor dem Spiel auf Platz zwei vorgekommen ist, passt da perfekt.
Wobei ich auf die Tabelle gar nicht so genau schaue, ich freue mich so oder so auf dieses Spiel. Wir wollen am kommenden Samstag versuchen, den großen Favoriten, der immer noch ungeschlagen ist, zu ärgern.

Backnang dominiert die Liga. So sehr, dass es für die anderen Teams, auch Ihres, nur heißen kann: Wir spielen noch um Platz zwei?
Wir schauen noch gar nicht da drauf. Wir wollen jedes Spiel gewinnen, möglichst viele Punkte sammeln, und dann wird man sehen, wozu das reicht. Unser Ziel war es vorne dabei zu sein, da sind wir jetzt, das wollen wir auch bestätigen.

Aber als Meister 2018 ist ein vierter Platz vielleicht ganz nett, die richtigen Ziele müssen doch Platz eins oder zwei heißen, oder?
Wir haben nicht den Druck aufsteigen zu müssen – wir wollen einfach so lange wie möglich vorne mitmischen.

Wer sind dann die, die aufsteigen müssen?

"Wir haben nicht den Druck aufsteigen zu müssen.

Stephan Fichter, Normannia-Teammanager


Ich habe schon vor der Saison gesagt, die zwei Topfavoriten sind Backnang und Essingen.

Wobei auch der Transfersommer der Normannia nach Ambitionen aussah, die Neuzugänge, teilweise aus höheren Ligen, haben doch die Qualität gesteigert.
Die Idee war es, den Stamm zu halten – und zu verstärken. Das ist uns, glaube ich, ganz gut gelungen. Wir sind von jedem Spieler, den wir verpflichtet haben, auch heute noch überzeugt.

Ist die Krux an der Qualität – siehe auch beim TSV Essingen – dass die Mannschaft auch mal denkt: Ach, gegen den Gegner heute müssen wir nicht hundert Prozent bringen? Ist da eine gewisse Überheblichkeit?
Das würde ich niemandem vorwerfen bei uns. Aber in dieser Liga macht es einem jeder Gegner schwer. Und weil das so ist, muss man einfach immer sein Leistungsvermögen abrufen. Das haben wir in der ersten Halbzeit gegen Pfullingen nicht gemacht, nach der Pause war es aber besser.

Ein Blick auf die Qualitäten des FCN: Defensiv seid Ihr die zweitbeste Mannschaft der Liga, was die geschossenen Tore angeht aber Mittelmaß. Muss da noch mehr kommen?
Wir wünschen uns immer Tore, aber wenn man mehr Risiko eingeht, wächst die Gefahr, dass man Tore bekommt. Und dieser Weg war auch im Aufstiegsjahr unserer: dass wir zuerst einmal eine sehr stabile Defensive hatten mit wenig Gegentoren.

Also: Verzicht auf zu viel Offensivspektakel zugunsten der Devise „möglichst zu Null“?
Das will ich nicht so sagen, der Trainer variiert auch von Spiel zu Spiel die Ausrichtung. Aber es ist immer gut, wenn man kein Gegentor bekommt. Und wir sind einfach überzeugt, dass wir nach vorne immer irgendwann die Möglichkeit bekommen, um ein Tor zu machen.

Backnang und Normannia – die Gegner im Vergleich

Backnang Oberliga-Bilanz 2018/19: 15. Platz, 19 Punkte, 44:52 Tore (10 Siege, 7 Remis, 17 Niederlagen)

Die Zahlen der laufenden Saison: 1. Platz, 36 Punkte, 35:10 Tore (11 Siege, 3 Remis, 0 Niederlagen)

Aktuell beste Torschützen: Mario Marinic (16), Benito Ayala (4), Niklas Kalafatis, Leon und Loris Maier (je 3)

Gmünder Oberliga-Bilanz 2018/19: 17. Platz, 37 Punkte, 28:61 Tore (2 Siege, 13 Remis, 19 Niederlagen)

Die Zahlen der laufenden Saison: 2. Platz, 24 Punkte, 24:13 Tore (7 Siege, 3 Remis, 3 Niederlagen)

Aktuell beste Torschützen: Anthony Coppola (7), Alex Aschauer (6), Felix Bauer (4), Florijan Ahmeti (3)

© Gmünder Tagespost 06.11.2019